Er
steht auf "ON" - mein Fernwehmodus. Ich hab vergeblich versucht, ihn
in die andere Richtung zu drücken. Sonne tanken auf dem Balkon, dem Zwitschern
der Vögel lauschen oder die ersten Schmetterlinge in diesem Jahr begrüßen.
Nichts hat geholfen! Nada. Niente. Ich muss in die Sonne! Jetzt! Sofort! So
sehr ich den Winter und Schnee liebe: die ersten Frühlingstage lassen meinen
Körper nach MEHR schreien. Lange genug musste ich auf Vitamin D in Form von
Sonne verzichten. Der Nebelschleier hat sich nämlich hartnäckig gehalten, hier
in Ulm.
Und
weil es bis zum Sommerurlaub noch ein paar Wochen (oder eher Monate! HILFE!)
sind, muss ein gedanklicher Abstecher her. Deshalb nehme ich euch heute mit auf einen
Roadtrip durch Marokko. Vor zwei Jahren sind der Herzensmensch, meine
Herzensdame, wiederum ihr Lieblingsmensch, ein weiterer Freund und ich in den
Flieger gestiegen und nach Afrika geflogen. Um das Land der tausend Gewürze und
Farben mit dem Auto zu erkunden.
Falls
ihr schon einmal in Marokko wart, werdet ihr verstehen, warum ich mich in
dieses Land verliebt habe. Falls ihr noch nicht dort wart: tut es! Allein
Marrakesch lohnt sich für ein verlängertes Wochenende. Wer länger Zeit hat, dem
empfehle ich, auch einen Abstecher an die Küste zu machen. Und ins Landesinnere.
Marokko
bietet durch seine zahlreichen Facetten so unglaublich viel Abwechslung wie
(fast) kein anderes Land. Wer auf Kultur steht, kommt in den Städten voll auf
seine Kosten. Wander- und Trekkingfreunde werden sich in das Atlasgebirge
verlieben und wer Lust auf ein sandiges Abenteuer in der Sahara hat, ist in
Marokko genau richtig. Einzig und allein Badeurlauber werden vielleicht etwas
enttäuscht sein, da der Atlantik nicht unbedingt zum stundenlangen Baden
einlädt. Am Strand liegen kann man hier aber durchaus. Und sich kurz im Wasser
erfrischen sowieso.
Gestartet
sind wir also in Marrakesch. Dort haben wir die ersten Tage in einem tollen
Hostel mitten in der Stadt genossen, bevor wir uns ein Auto gemietet haben und
Richtung Norden gefahren sind. Die Ouzoud-Wasserfälle im Landesinneren waren
unser erstes Ausflugsziel. Dort sind wir den nicht-touristischen Weg nach unten
gelaufen, um dann die herrliche Landschaft zu genießen. Ich kann euch
empfehlen: wählt die Route rechts der Wasserfälle. Im Gegensatz zu dem Weg,
der links vorbeiführt seid ihr hier ungestört und fernab der Touristenströme
unterwegs. Ihr könnt im Wasser baden, von den Wasserfällen springen (also den kleinen, die sich ein Stückchen flussabwärts befinden) und ganz
entspannt die Landschaft genießen.
Am
Abend haben wir uns dann dazu entschieden, ohne Zwischenstopp in Marrakesch
nach Essaouira zu fahren. Auf dem Weg dorthin haben wir noch in einem
einheimischen Restaurant zu Abend gegessen. Ich bin ja ein absoluter Freund von
Straßenständen. Und halte sehr wenig von touristischen Restaurants. Deshalb bin
ich auch nach Afrika geflogen. Um das wahre Marokko kennenzulernen. Und auch
wenn unsere Französisch-Kenntnisse echt bescheiden waren - für leckeres Essen
hat's immer gereicht. Statt drei großen Tajines haben wir zwar einmal 13
bestellt - was sich recht schnell aufgeklärt hat, geschmeckt hat's aber immer.
Sehr gut sogar. Und mein absoluter Favorit, was Tajine angeht, war wirklich diese, die wir am Straßenstand irgendwo im Nirgendwo zwischen den Wasserfällen und Essaouira gegessen haben. Mit Fleisch, getrockneten Pflaumen, Mandeln und allerhand Gewürzen. Ich hätte mich reinlegen können, so lecker war's!
In
Essaouira haben wir in einem total schnuckeligen kleinen Hotels
übernachtet. Gefrühstückt wurde immer auf der Sonnenterasse, in die wir uns so
verliebt haben, dass wir einfach mal ein paar Tage geblieben sind, um die Seele
baumeln zu lassen.
Und
auch sonst hat Essouira viel zu bieten. Da gibt es zum einen die tolle Altstadt
mit den zahlreichen Künstlerläden. Ich liebe es ja, den Handwerkern über die
Schulter zu schauen und könnte stundenlang neben ihnen sitzen und ihre
Handgriffe beobachten. Zu Schade, dass ich wirklich kein Wort französisch
spreche...
Auch
der Fischmarkt ist einen Ausflug wert. Morgens kann man dort das rege Treiben
beobachten und anschließend in einem der vielen Restaurants seine Fische
aussuchen, grillen lassen und anschießend genießen.
Direkt
in der Altstadt findet jeden Tag ein Markt statt, wo man allerhand Leckereien
bekommt. Frisches Brot, unfassbar viele verschieden Sorten Oliven - ich war im
Himmel! An einem Abend haben wir mit den zwei Betreiberinnen unseres Hotels
Couscous gemacht, am nächsten dann landestypische Tajine. Definitiv ein
super Erlebnis! Ein Kochkurs direkt „zu Hause“ – unbezahlbar.
Von
Essaouria ging es anschließend an der Küste entlang Richtung Taghazout, einem
kleinen Surferörtchen in der Nähe von Agadir. Noch in Essaouria haben wir ein
Pärchen kennengelernt, welches zuvor in Taghauout war. Und so sind wir
zufällig an ein Apartment direkt am Strand gekommen. Genial! Noch dazu neben dem
wohl besten Restaurant - dem L'Auberge - in ganz Taghazout. Dort haben wir teilweise den
halben Tag verbracht, weil es einfach irre gemütlich und super lecker war.
In
Taghazout kann man gut surfen, baden oder einen Ausflug in das nah gelegene
Paradise Valley machen. Dieses stand ganz weit oben auf unserer "To
Do"-Liste. Ich bin bei meiner Urlaubsrecherche ganz zufällig darauf
gestoßen, hab die Fotos gesehen und wusste: da will ich hin. Und wir wurden
nicht enttäuscht. Paradise Valley - mehr muss man dazu eigentlich nicht sagen.
Eine Oase mitten im Grünen, Palmen, Wasser, Klippenspringen. Definitiv einen
Abstecher wert. Wir sind sogar den ganzen Tag dort geblieben. Ich würde euch
lediglich empfehlen, genügend Verpflegung mitzunehmen. Denn dort gibt es
(glücklicherweise, wie man sagen muss) keinen Kiosk oder so. Natur pur! Man muss auch ein Stück wandern, alles aber in Flip-Flops gut machbar.
Von
Taghauzout aus ging es zurück nach Marrakesch - meinen Lieblingsmenschen
verabschieden. Im Gegensatz zu uns hat er nur zwei Wochen Urlaub bekommen, also
haben wir ihn am Flughafen abgeliefert, die Miete für unser Auto verlängert, um
dann Richtung Sahara bzw. Erg Chebbi aufzubrechen. Auf dem Weg nach Merzouga sind wir noch
einen Tag in Quarzazate geblieben. Dort befindet sich die alte Ruinenstadt
Ait-Ben-Haddou. Die wollten wir uns natürlich anschaun.
Wir
haben etwas außerhalb in einem kleinen Hotel gewohnt, sind zum Abendessen in
die Stadt gefahren und haben dort zufällig jemanden kennengelernt, der uns eine
3-tägige Kameltour organisiert hat. Zuerst dachten wir, er will uns Touris was
aufschwätzen. Klar! Nachdem wir aber schon im Vorfeld recherchiert haben - auch um
herauszufinden, was eine Tour kostet - kam uns sein Angebot sehr fair vor.
Wir wollten zum Beispiel eine Tour nur für uns. Ohne zehn weitere Touris im
Schlepptau. Außerdem hab ich gelesen, dass bei vielen Angeboten die Getränke
nicht mit inbegriffen sind. Und klar, wenn man da dann steht, mitten in der
Wüste und es zum nächsten Supermarkt ein paar Kilometer sind, dann kauft man
die Flasche Wasser halt für fünf Euro. Bleibt einem ja nichts anderes übrig.
So
haben wir also die Tour gebucht und wurden am Ende nicht enttäuscht. Wir
haben den üblichen Preis für eine Tour gezahlt, in der wir unter uns waren,
einen eigenen Guide dabei hatten (inklusive Kamelführer) und massig zu Essen.
Im
Nachhinein muss ich echt zugeben: ich hatte Respekt vor dieser Tour. Drei Tage
lang auf dem Rücken eines Kamels, nur Sand um einen herum und die unendliche
Weite. Darauf muss man sich einlassen. Um es anschließend in vollen Zügen zu
genießen. Soviel Stille und Zeit zum Nachdenken sollte ich so schnell nicht
wieder bekommen, wie ich im Nachhinein feststellen musste. Man konnte dort wirklich
abschalten und einfach mal alles um sich herum vergessen.
Wir
sind gegen Nachmittag also zusammen mit unserem Guide, den wir beim Abendessen
kennengelernt haben, Richtung Merzouga gefahren. Dort kamen wir an einem Hotel
an, welches einfach nur traumhaft war. Ich dachte echt, ich bin im Märchen. Ein
Tempel, mitten in der Wüste. Wenn man durch die mondäne Eingangshalle gegangen
ist, kam man hinten raus direkt auf eine Terrasse mit riesigen Pool und Blick
auf die Dünen.
Wir
haben also unsere Sachen gepackt, die Kamele gesattelt und sind direkt
losgezogen. Nach ein paar Stunden haben wir unser Camp inmitten der Wüste
erreicht. Mehrere Zelte und drei Betten unter freiem Himmel. Unvorstellbar.
Atemberaubend. Traumhaft.
Es
gab super leckeres Essen (Wahnsinn, was unser Koch da irgendwo im Nirgendwo
gezaubert hat) wir sind auf die Dünen geklettert, haben die Aussicht genossen
und sind später todmüde ins Bett gefallen. Mit freiem Blick auf den
Sternenhimmel, versteht sich.
Am
nächsten Morgen ging es auf dem Rücken unserer Kamele weiter. Nach mehreren
Stunden sind wir an einer Lehmhütte angekommen, wo wir schon von einem Beduinen
erwartet wurden. Dort haben wir eine Art Calzone-Pizza gegessen, die in einem
Erdloch gebacken wurde. Total abgefahren. Oben drauf hat der gute Herr Feuer
gemacht und die Pizza einige Minuten später dann wieder ausgebuddelt. Mega
knusprig. Super lecker. Was für ein Erlebnis.
Gegen
späten Nachmittag haben wir dann den Rückweg angetreten. Und so schön die
Einsamkeit inmitten der Sahara war: als ich gesehen habe, dass wir in einer
Oase, die einem Camp für Sahara-Touris glich, übernachten würden, hab ich mich
total gefreut. Es war echt ein komisches Gefühl. Aber zwei Tage und eine Nacht
in der Sahara hat für meinen Geschmack gereicht. Was vielleicht auch daran lag, dass mein Lieblingsmensch nicht dabei war. Als ich jedoch die teils
riesen Gruppen gesehen habe, die nach und nach angekommen sind, war ich
wiederum froh, dass wir die zwei Tage unter uns waren. Teilweise waren da
nämlich zwanzig Kamele aneinander gebunden, mit jeweils ein- bis zwei Menschen
oben drauf. Das hat für mich schon nichts mehr mit „Abschalten in der Wüste“ zu
tun. Das ist einfach nur Massentourismus.
Unseren
letzten Abend in der Erg Chebbi haben wir dann also in einem kleinen Zelt
genossen – das Camp war zum Glück groß genug, dass man sich dennoch aus dem Weg
gehen konnte. Am nächsten Morgen sind wir dann auf dem Rücken unserer Kamele
zurück zum Hotel geritten. Und ich kann euch eines sagen: noch nie hab ich mich
so sehr auf eine Dusche gefreut.
Was dann folgte, war eine super spontane Entscheidung. Denn unser nächstes Ziel hieß tatsächlich Chefchaouen. Ich hatte im Vorfeld viel über die blaue Stadt im Norden Marokkos gelesen, aber nie damit gerechnet, dass wir tatsächlich dort hinfahren. Denn von der Wüste aus waren es gut 700 Kilometer. Auf afrikanischen Straßen eigentlich eine Tortour. Aber wir wollten unbedingt hin und deshalb haben wir die lange Reise auf uns genommen. So sind wir also nach der Dusche und einem stärkenden Frühstück ins Auto gestiegen und Richtung Chefchaouen aufgebrochen.
Nach drei Tagen im Sand hat mich die wunderbare Landschaft des Atlasgebirges total geflasht. Mehrmals haben wir am Straßenrand angehalten, sind ausgestiegen und haben nur noch gestaunt. So viel Grün! So viele Störche! Und so schöne Natur!
Von morgens bis abends
waren wir also im Auto unterwegs - haben zahlreiche Kaffee- und
Essenspausen eingelegt und uns die Beine vertreten. Als wir dann völlig
k.o. mitten in der Nacht in Chefchaouen angekommen sind, war ich sooo
glücklich. Denn es war definitiv die richtige Entscheidung, dass wir
diese Route auf uns genommen haben. Und genau deshalb liebe ich
Roadtrips: man ist unabhängig. Und super flexibel! Und auch wenn ich
anfangs gezweifelt habe, ob es sich für mich lohnt, die weite Strecke
mitzufahren für die paar Tage, die mir noch geblieben sind, kann ich im Nachhinein sagen: es
war mit die beste Entscheidung während unseres Urlaubs. Das kleine, schnuckelige
Städtchen im Norden ist schlichtweg: umwerfend. Ich hab mich total verliebt.
Chefchaouen ist total vielseitig. Auf der einen Seite hat man die verschiedenen Sehenswürdigkeiten, man kann völlig entspannt durch die kleinen Gassen schlendern oder in einem der vielen Cafés einfach nur abhängen. Wer aktiv sein möchte, hat hier die Möglichkeit dazu. Rund um das kleine Städtchen in den Bergen kann man super gut wandern. Ein (oder zweimal?) pro Woche findet ein großer Markt statt. Von Obst über Gemüse, frische Backwaren bis hin zu allerlei Krimskrams - das Angebot ist riesig. Und ich bin mir sicher: hier wird jeder fündig!
Da
meine Herzensdame und ihr Lieblingsmensch noch eine Woche länger als ich
unterwegs waren, bin ich drei Tage später mit dem Bus von Chefchaouen nach Casablanca gefahren
und von dort mit dem Zug nach Marrakesch. Klingt nach einem Horror-Trip – war aber
eigentlich total entspannt. Die Busfahrt verging super schnell, da ich ein paar
amerikanische Backpacker kennengelernt habe (endlich konnte ich mich mal mit
jemandem unterhalten :-P ) und auch die Zugfahrt war echt angenehm.
Glücklicherweise hab ich am Busbahnhof in Casablanca ein total nettes marokkanisches Pärchen
kennengelernt, welches mit zum richtigen Bahnhof gefahren hat. Ansonsten hätte
ich meinen Zug verpasst und die ganze Reise wäre wahrscheinlich nicht so
angenehm und reibungslos verlaufen.
In
Marrakesch hab ich dann unser Hostel angesteuert, in dem wir auch am Anfang
schon übernachtet haben und einen Platz auf der Dachterrasse ergattert. Da
kostet die Übernachtung gerade mal drei Euro. Nix!
Am
nächsten und zugleich letzten Tag bin ich dann nochmal shoppen gegangen, hab
fleißig Teller und Schüsseln gekauft, war im Café Earth (kann ich euch total
empfehlen, allerdings gibt es zwei davon in der Medina von Marrakech - das eine ist definitiv schöner als das andere) essen und hab den letzten Abend mit anderen Backpackern im Hostel
ausklingen lassen.
Insgesamt
muss ich sagen: Marokko war ein Traum. Kurz vor dem Start meines dreiwöchigen Abenteurs hab ich (wie fast immer)
kurz mal Panik bekommen. Wird alles gut gehen? War es die richtige
Entscheidung, in dieses Land zu fliegen? Hätte, wäre, würde… Die üblichen
Fragen sind mir durch den Kopf geschwirrt. Völlig normal für mich.
Am
Ende hat mich das Land im Norden Afrikas sowas von begeistert, dass ich
jederzeit wieder hinfliegen würde. Allein Marrakesch ist einen Trip wert.
So.
Und nach diesem (doch etwas länger gewordenen) Abstecher ins Land von 1.000 und einer Nacht
ist er zumindest ein klein wenig gestillt, mein Drang nach der Ferne. Deshalb
genieß ich die Zeit, bis wir Ende Mai nach Indonesien fliegen einfach mal auf
dem Balkon und gewöhn mich schon mal an die Sonne. In der Stadt des Nebels wohl
nicht die klügste Entscheidung. Aber einen Versuch ist es wert. Heute zumindest
hat sie sich durchsetzen können. Und deshalb werde ich gleich mal auf den
Balkon wandern. Und meinen Kopf in die Sonne strecken.
Ich
mach mich dann mal auf den Weg…
Eure
fressraupe